«Missbrauch ist nur ein Problem in der katholischen Kirche» – so konnte man sich lange einreden, dass sexuelle Gewalt und Missbrauch in evangelischen Kirchen nicht vorkommen. Das stimmt nicht: Eine Studie, die von der Evangelischen Kirche Deutschland EKD in Auftrag gegeben wurde, zeigt deutlich und erschreckend das Ausmass der Problematik.
Damit kann man sich auch vom Gedanken verabschieden, dass die reformierte Kirche in der Schweiz keine Täter:innen in den eigenen Reihen hat. Die Studie und ihre Ergebnisse betreffen auch uns.
Thorsten Dietz, Janna Horstmann und Evelyne Baumberger diskutieren am Stammtisch wenige Stunden nach der Publikation über die systemischen Probleme, welche die Studie zutage förderte, darunter ein überhöhtes Pfarrbild und Inkompetenz im Umgang mit Betroffenen.
Über die Missbrauchsfälle in der evangelischen Kirche hat auch Felix Reich mit Sabine Scheuter (Verantwortliche für Personalentwicklung und Diversity in der Reformierten Kirche des Kantons Zürich) in einer Stammtischfolge diskutiert – und dann gibt es auch eine «Ausgeglaubt»-Folge von Manuel Schmid und Stephan Jütte, in der die beiden über die theologischen Implikationen des evangelischen Missbrauchsfälle diskutieren.
Hier findest du vertrauliche und kostenlose Beratungsstellen bei sexueller Gewalt
ForuM-Studie.de mit Zusammenfassung der Ergebnisse
RefLab-Beiträge zum Thema Missbrauch:
Podcast «Holy Embodied: Cure the Church»
Podcast «Ausgeglaubt: Toxic Church. Wenn Kirche krank macht»
Podcast «Ausgeglaubt: Toxic Theology. Wenn theologische Überzeugungen toxisch wirken»
Blogpost: «(M)achtsame Kirche. Zur Studie über Missbrauch im Umfeld der katholischen Kirche Schweiz»
Podcast «Stammtisch» mit Veronika Jehle: «Zur Krise der katholischen Kirche in der Schweiz»
Podcast «Stammtisch» mit Natascha Bertschinger: «Missbrauchsprävention in Freikirchen»
Podcast «Ausgeglaubt: Moralische Kritik. Die Kirche verspielt ihre Glaubwürdigkeit»
4 Gedanken zu „Missbrauch in der evangelischen Kirche“
Liebes Reflab Team
Ihr müsst diesen Kommentar nicht freischalten, ihr dürft in gerne intern behalten. Es ist jetzt knapp vier Monate her, da wurde der folgende Kommentar nach einem Podcast von Thorsten auf eurer Homepage unwidersprochen aufgeschaltet:
25. SEPTEMBER 2023 UM 12:31 UHR
Und: die Landeskirche tut gut daran, hier nicht in einen Dialog einzutreten, sondern sich klar zu distanzieren: wie jetzt gerade die causa Läderach oder die Katastrophe in der kath Kirche zeigen, müssen wir klar sagen: „Das sie nicht wir und die gehören nicht zu uns!“
So eine Aussage darf auf eurer Seite nie mehr unwidersprochen sein. Doch, leider sind das auch wir Christen und wenn die Hand leidet, leidet der ganze Körper mit.
Lieber Christoph, danke für den Kommentar. Ich bin nicht sicher, was der Kommentator damals meinte, es ging ja im Podcast um Fundamentalismus und nicht direkt um Missbrauch, soweit ich mich erinnere. Er war aber bestimmt nicht der einzige, der dachte, dass Missbrauch “in unseren Kreisen” viel seltener vorkommt, weil er seine Wurzeln in Strukturen und theologischen Gedanken hat, welche die evangelische Kirche nicht teilt. Diese Überzeugung wurde jetzt erschüttert und als unwahr entlarvt.
Ich hoffe, dass darauf auch Veränderungen in der Prävention und im Umgang mit Betroffenen folgen, die dazu führen, dass Missbrauch immer seltener vorkommt. Liebe Grüsse, Evelyne
Liebe Evelyne
Danke für deine Antwort. Deine Aussage:” …dass Missbrauch in unseren Kreisen viel seltener vorkommt, weil er seine Wurzeln in Strukturen und theologischen Gedanken hat, welche die evangelische Kirche nicht teilt. “, beschäftigt mich irgendwie stark.
“Dass Missbrauch seine Wurzeln in Strukturen und theologischen Gedanken hat”, kannst du das noch “ausdeutschen”? Ich will irgendwie nicht so recht glauben, dass du das sagen wolltest, was ich aus diesem Satz raus lese.
Lieber Christoph, danke für den Kommentar und das Nachfragen. Hast du den Podcast schon gehört? Darin gehen wir auf diese Frage ein. Mit Strukturen ist u. a. gemeint, dass die Kirche pfarrzentriert ist oder dass man so explizit immer wieder sagt, dass sie ein sicherer Willkommensraum ist – das macht es schwieriger, Verletzungen dieses Raums anzuerkennen und/oder zu melden. Als theologische Gedanken, die Missbrauch begünstigen und Aufdeckung erschweren, nennt die Studie u. a. einen Fokus auf Vergebung dem Täter gegenüber. Hilft diese Präzisierung?