Dein digitales Lagerfeuer
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Ich wünsche mir dein Reich herbei, vielleicht (Unser Vater Meditation III)

Dein Reich komme.

Wenn ich Reich höre, denke ich an das Dritte Reich und an die vielen Menschen, die gestorben sind.

Ich denke an das Römische Reich und die Lastkräne und Aquädukte, die entstanden sind. Und an die vielen Menschen die ums Leben gekommen sind.

Ich denke an das Osmanische Reich und dass ich eigentlich gar nicht weiss, wann das war und ob dort auch viele Menschen gestorben sind.

Und das Reich der Mitte, aber nur nach dem sinozentrischen Weltbild. Und auch dort sind sicherlich schon zu viele Menschen ums Leben gekommen.

Dein Reich komme. Ich weiss gar nicht, ob ich das will.

Aber anscheinend soll es wohl kommen. Immerhin beten wir es seit einiger Zeit. Irgendetwas muss also dran sein, an deinem Reich. Vielleicht, ich weiss nicht, da kommt etwas, es kann schon sein.

Der Duden schreibt, ein Reich ist ein sich meist über das Territorium mehrerer Stämme oder Völker erstreckender Herrschaftsbereich eines Kaisers oder einer Kaiserin, eines Königs oder einer Königin o. Ä.

Eine Herrschaftsform, die nicht zwingend positiv konnotiert ist.

Ein Reich hat etwas Notwendiges. Und trotzdem beten wir: Dein Reich komme.

Wir beschwören es herbei. Die Verheissung liegt hier in unserm Geist. In dem Bild, das uns beim Gedanken an dein Reich erscheint.

Dein Reich komme. Fast etwas bedrohlich.

Kommt es mit Pauken und Trompeten hervorgetreten oder schleicht sich dein Reich ganz heimlich herein? Über welche Länder, Völker, Stämme, Menschengruppen erstreckt sich sein Herrschaftsbereich? Wo fängt es an, wo endet es? Welche Kaiser kennst du und wen setzt du dir als Königin ein?

Oder hört Reich auf, wenn wir von Gott zu sprechen beginnen?

Vielleicht, ich weiss nicht, es kann schon sein. Du brauchst keine Menschenleben, um deiner Herrschaft Legitimation zu geben.

Dein Reich komme – nicht über Stämme und Völker, aber über Vorstandssitzungen und Wohnungsübergaben, Familienfeste und Gemeindeversammlungen. Dort scheint es mir vielmehr notwendig zu sein.

Es trocknet Tränen und vertreibt den Tod, damit keine Menschen mehr sterben.

Deine «Milch und Honig»-Länder, deine Erkenntnisbäume und Lebensflüsse, in denen wir uns immer wieder in Umkehr baden können, was mir sehr verheissungsvoll zu sein scheint.

Dein Reich kommt aus leeren Grabkammern und von hohen Bäumen geklettert. Es ist auf Eseln in Jerusalem eingeritten und wartet in Israel und der Ukraine auf Frieden.

Dein Reich ist leicht. Es setzt sich zwischen die Menschen, die Fische und Brote essen, und wird vom Dach ins kleinste Haus verbreitet.

Dein Reich komme.

Und wenn es so sei, dann ist es wohl gut, wenn dein Reich kommt. Vielleicht, ich weiss es nicht, es kann schon sein.

 

Mehr zu der dritten Bitte des Unser Vater könnt ihr auch hier von Evelyne lesen oder euch anhören! Viel Freude dabei.

 

Foto @Unsplash Rail Farkhutdinov

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